03. September 2013

Kann die Probezeit verlängert werden?

Artikel in der Berliner Zeitung vom 24./25. August 2013 (in leicht geänderter Fassung)


Nach erfolgreicher Suche einer neuen beruflichen Herausforderung steht die erste große Bewährungsprobe in Form des Probearbeitsverhältnisses an. Das Probearbeitsverhältnis dient dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer dazu, im Rahmen der vereinbarten Zeitspanne Klarheit darüber zu gewinnen, ob eine dauerhafte Zusammenarbeit möglich erscheint.

Gesetzlich zwingend vorgeschrieben ist eine Probezeit nur bei einem Berufsausbildungsverhältnis. Diese muss mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen.

Von der Probezeit zu unterscheiden ist das sogenannte Einfühlungsverhältnis. Bei diesem wird dem Arbeitnehmer lediglich die Möglichkeit zum Kennenlernen seines Arbeitsplatzes eingeräumt, ohne dass er bereits eine Arbeitspflicht übernimmt. Ein Probearbeitsverhältnis dagegen wird entweder als befristetes Arbeitsverhältnis oder als vorgeschaltete Probezeit im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses vereinbart.

Haben die Parteien im Arbeitsvertrag kein Datum geregelt, zu dem das befristete Probearbeitsverhältnis enden soll, so gilt das Probearbeitsverhältnis als unbefristet geschlossen.

In zahlreichen Tarifverträgen finden sich Regelungen über die Dauer der Probezeit. Bei der Probezeit im unbefristeten Arbeitsverhältnis darf unabhängig vom tatsächlichen Erprobungsbedarf eine Probezeit von höchstens sechs Monaten vereinbart werden (Bundesarbeitsgericht vom 24.01.2008, Aktenzeichen: 6 AZR 519/07).

Unsicherheiten können entstehen, wenn die Probezeit von sechs Monaten abläuft mit der Folge, dass der gesetzliche Kündigungsschutz eintritt, der Arbeitgeber sich aber nicht sicher ist, ob er den geeigneten Mitarbeiter ausgewählt hat.

Beispielsweise kann es vorkommen, dass ein Arbeitnehmer krankheitsbedingt seine Probezeittätigkeit unterbrechen musste. Hier stellt sich die Frage nach einer rechtswirksamen Verlängerungsmöglichkeit, ohne dass der gesetzliche Kündigungsschutz schon eintritt. Dabei gilt, dass kurze krankheitsbedingte Unterbrechungen nicht zu einer Verlängerung der Probezeit herangezogen werden können. Bei einer längeren Unterbrechung sind der Zweck der Probezeit und die Dauer der Unterbrechung zu prüfen. Will der Arbeitgeber jegliches Risiko des Eintritts des gesetzlichen Kündigungsschutzes vermeiden, ist ihm zu raten, das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Probezeit von sechs Monaten tatsächlich zu beenden. Zwar ist eine einverständliche Verlängerung der Probezeit zulässig, aber mit der Folge, dass der gesetzliche Kündigungsschutz nach Ablauf des 6. Monats greift.

Ein Lösungsansatz besteht im Falle von weiterem Erprobungsbedarf, dass die Parteien einen Aufhebungsvertrag abschließen mit dem sie den Beendigungstermin beispielsweise nach weiteren drei Monaten festlegen und zugleich im Aufhebungsvertrag eine Wiedereinstellungszusage für den Fall der erfolgreichen Tätigkeit des Arbeitnehmers regeln (vgl. Bundesarbeitsgericht vom 07.03.2002, Aktenzeichen: 2 AZR 93/01).

Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis sowohl ordentlich als auch – bei Vorliegen eines wichtigen Grundes und der dadurch gegebenen Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – außerordentlich gekündigt werden.

Die Kündigungsfristen während der Probezeit sind nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch kurz bemessen. Allerdings können längere Kündigungsfristen auch während der Probezeit vertraglich vereinbart werden. Dabei kommt es darauf an, dass der Ausspruch der Kündigung während der Probezeit erfolgt ist, auch wenn der Beendigungstermin dann außerhalb der Probezeit liegt.

Der allgemeine und besondere Kündigungsschutz wie beispielsweise der Sonderkündigungsschutz für Schwerbehinderte nach dem Sozialgesetzbuch IX gilt erst nach Ablauf einer Wartezeit von sechs Monaten.

Die Einstellung eines Arbeitnehmers zur Probe unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrates. Allerdings steht dem Betriebsrat kein Widerspruchsrecht zu, wenn ein befristetes Probearbeitsverhältnis statt einem unbefristeten Probearbeitsverhältnis abgeschlossen wurde.

(Verfasserin: Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, Frau Prof. Asoc. Dr. Glock)


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